In Gottes Hand geschrieben

Im vergangenen Sommer haben wir unsere Oma Hilde beerdigt, meine Schwiegermutter. In den letzten Jahren haben eigentlich alle sie so genannt. Sie starb hochbetagt und lebenssatt mit 90 Jahren. Wir waren alle sehr traurig. Das ist so, wenn man eine lange Zeit seines Lebens miteinander verbracht hat und sich eingestehen muss, dieser Mensch ist nun nicht mehr da. Wie oft haben wir uns in den ersten Tagen nach ihrem Tod dabei ertappt, dass wir uns gegenseitig fragten: Warst Du schon bei Oma? Beim Vorbeifahren im Auto warf ich immer noch ab und an schnell einen Blick zu ihren Fenstern im Betreuten Wohnen. Brennt noch Licht bei ihr? Und dann die Gewissheit: Sie ist ja nicht mehr da. Was wir auch ganz oft gemacht haben: Wir haben uns erzählt, was wir mit ihr erlebt haben.

Die vielen kleinen und großen Begebenheiten, Familienfeiern und Besuche. Wie stolz sie auf ihre Kinder und Enkelkinder war. Wir erinnerten uns an Dinge, die sie tat und an Sätze, die sie gesagt hatte, den Sessel, in dem sie immer gesessen hatte. Manchmal mussten wir lachen über so manche komische Situation. Wir schmunzelten darüber, dass jedes Mal, wenn sie und der Opa uns früher besuchten, irgendeine Panne auf der Bahnfahrt passierte. Natürlich waren da auch die Zeiten, in denen uns nicht zum Lachen zu Mute war. Aus vielen Facetten setzt sich Oma Hildes Leben zusammen und lässt ein Bild in unserem Herzen entstehen.

 Es ist gut, wenn man sich erinnern kann an einen Menschen. Es ist tröstlich, dass da etwas bleibt, was den Tod überdauert. Aus diesem Sich-Erinnern und Verbunden-Bleiben können wir Kraft schöpfen für unser Leben.

Jetzt, im November, gehen viele Menschen auf den Friedhof und besuchen dort die Gräber ihrer Lieben. Und auch dort werden wieder Erinnerungen wach, wenn wir den Grabstein sehen, den Namen lesen und dazu die Jahreszahlen vom Beginn und vom Ende. Dazwischen liegt ein unverwechselbares Leben. Jeder Mensch ist einzigartig, kostbar, wunderbar gemacht von der Geburt bis zum Tod. Mehr noch: Sogar über den Tod hinaus.

Als Christin glaube ich, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Natürlich malt uns der Tod eines Menschen unzweifelhaft vor Augen, dass unser Leben endlich ist, dass es anfängt und früher oder später zu Ende geht. Manch einer erlebt das sehr schmerzhaft und es bleibt lange unfassbar für uns, dass ein geliebter Mensch nicht mehr da ist. Wir spüren, dass wir loslassen müssen, was wir so gerne noch festgehalten hätten.

Bei der kirchlichen Beerdigung verbinden wir das mit den Worten: Wir legen den Leib in Gottes Erde. Nicht irgendwohin, sondern wir betten ihn zu Gott. Geben ihn sozusagen an Gott zurück, aus dessen Händen wir das Leben geschenkt bekommen haben.

Unsere Verstorbenen sind in Gott, heißt es dann. Nicht im Nichts, verloren im Nirgendwo. Wenn wir loslassen, hält Gott fest.

Genauso wie wir uns der Verstorbenen erinnern, so erinnert sich Gott. Beim Propheten Jesaja steht: „Ich vergesse dich nicht. Schau, in beide Handflächen habe ich dich geschrieben.“

Für mich heißt das: Gott verbindet sich mit unserem Lebensweg. Das erste Zeichen dafür erhalten wir bei unserer Taufe. Und seitdem sind wir bei Gott gut aufgehoben. Zu allen Zeiten. Verlässlich. Untrennbar. Kann es eine schönere Zusage geben?

Annette Krüger

Möge die Straße Dir entgegeneilen.
Möge der Wind immer in Deinem Rücken sein.
Möge die Sonne warm auf Dein Gesicht scheinen
und der Regen sanft auf Deine Felder fallen.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott Dich im Frieden seiner Hand.
Irischer Segenswunsch

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