Würde man die Dinge aufzählen wollen, die sie als Pfarrerin nicht gemacht hat, wäre man schnell fertig. Als Pfarrerin in einer Kirchengemeinde mit nur einer Pfarrstelle zu arbeiten - das würde auf dieser kurzen Liste vielleicht ganz oben stehen. „Damit wäre ich nicht glücklich geworden“, sagt Birgit Crone. „Ich bin Teamplayerin!“ Am 20. April wird Birgit Crone, die in Winz-Baak, Welper-Blankenstein und im Kindergartenverbund des Kirchenkreises Hattingen-Witten gearbeitet hat, durch Superintendentin Julia Holtz entpflichtet.
Pfarrerin Birgit Crone schaut auf 37 abwechslungsreiche Berufsjahre zurück
Teamplayerin Birgit Crone hat während ihrer 37-jährigen Dienstzeit immer in mehreren Teams gespielt. Immer am Bedarf orientiert, stellte sie sich mit wechselnden Stellenanteilen in den Dienst ihrer Gemeinden und des Kindergartenverbunds. Die Idee zum Verbund, unter dessen Dach heute 20 der 23 Kindergärten des Kirchenkreises Hattingen-Witten vereint sind, brachte Pfarrerin Crone selbst 1998 ein, nachdem sie bei einer auswärtigen Veranstaltung von einem ähnlichen Modell gehört hatte. Sie war so begeistert, dass sie gleich einen ersten Entwurf für eine Satzung schrieb. So entstand nach und nach ein tragfähiges Modell. „Ich halte das bis heute für eine gute Idee. Die Kindergartenarbeit mit ihren vielen Herausforderungen wird so aus der Arbeit der Presbyterien herausgenommen. Das bedeutet eine Entlastung für sie,“ sagt Crone.
Apropos Herausforderungen: Auch wenn sie ihre Tätigkeit als Theologische Geschäftsführerin des Kindergartenverbundes bereits im Sommer letzten Jahres beendet hat, fassen sie die alltäglichen Auswirkungen der landespolitischen Vorgaben in der Kindergartenarbeit immer noch an. „Als wir im letzten Jahr in Düsseldorf demonstriert und mit Politikerinnen und Politikern gesprochen haben, haben nur die Allerwenigsten verstanden, dass es nicht um die Verwahrung von Kindern, sondern um deren Förderung und Begleitung geht. Es geht so nicht weiter,“ sagt Crone, „und die ganze Lage zieht einen ganzen Rattenschwanz von Konsequenzen nach sich. Den Frust der Eltern. Menschen wandern in andere Berufsfelder ab. Die Bezahlung entspricht nicht der Verantwortung, die die Mitarbeitenden übernehmen. Erziehungsarbeit ist ohne Fachleute nicht zu leisten.“
Die Arbeit mit den Kleinen hat der Theologin immer viel bedeutet. „Im Bereich der Religionspädagogik hat sich sehr viel getan. Das ist nicht mehr nur sich hinstellen und eine Geschichte erzählen. Man kann mit visuellen Formen arbeiten, bei den ganz Kleinen zum Beispiel mit Legebildern. Im ökumenischen Krabbelgottesdienst haben wir oft einfach Platz in der Kirche geschaffen. Die Kinder sind dann auch mal mit dem Bobbycar in der Kirche rumgefahren oder einfach durch die Legebilder durchgekrabbelt“, schmunzelt Crone im Rückblick. Sie denkt darüber nach, sich später in der religionspädagogischen Arbeit mit Erzieherinnen zu engagieren. „Wenn jemand in einem evangelischen Kindergarten arbeitet, heißt das ja nicht, dass sie oder er besonders fromm ist. Da ist Arbeit nötig. Wie erzähle ich zum Beispiel von Jesu Begegnung mit den Kindern?“
Schaut Crone auf ihr Arbeitsleben zurück, spiegelt sich auch die ganze lebensbegleitende Spanne von Gemeindearbeit: Hier die Arbeit mit den Jüngsten, dort die Frauenhilfe, in der das älteste Mitglied 102 Jahre alt ist. „Ich habe viele Dinge mit Freude getan, auch wenn manches schwierig ist, zum Beispiel die Begleitung von Eltern, die ihr Kind verloren haben.“ Sie denkt an 2015 zurück, „als wir nach dem Hilferuf der Stadt Hattingen die Kirche in Winz-Baak leergeräumt und Feldbetten aufgebaut haben. Die Geflüchteten sind dann nach einigen Wochen in Turnhallen weitergezogen, aber es hatten sich Kontakte daraus ergeben, die eine längere Betreuung erforderten. Ich habe in der Zeit eine syrische Familie mit einem schwerkranken Kind sehr intensiv begleitet.“
Auch die Corona-Zeit war anstrengend. „Ständig gab es im Kindergarten zum Teil komische Ideen, was gemacht werden sollte. Es gab YouTube-Gottesdienste auf Distanz. Bei Beerdigungen war es besonders belastend, weil die Seelsorge unter den notwendigen Einschränkungen gelitten hat.“
Spaß gemacht hat Crone die Zusammenarbeit mit vielen Menschen: In den Presbyterien, in der Begleitung von Ehrenamtlichen, dem Sonntags-Café, bei Taufen an der Ruhr oder gemeinsamen Erntedankfesten mit drei Kindergärten auf einmal auf dem Kneibelhof. „Es ist auch lustig, dass Kinder, mit denen man früher gearbeitet hat, einem viele Jahre später als Eltern wieder begegnen.“ Positiv schaut sie, die einst als Vikarin ganz bewusst in die evangelische Diaspora im Raum Paderborn gegangen war, auch auf die Entwicklung der Ökumene: „Die Kontakte werden sich weiter intensivieren, wenn die katholische Gemeinde in Winz-Baak mit ins evangelische Gemeindehaus einzieht.“
In Zukunft möchte sie sich nicht ganz zurückziehen, auch wenn sie schon jetzt den ein oder anderen daran erinnern muss, dass sie in Zukunft für die meisten Dinge in den Gemeinden einfach nicht mehr zuständig ist. Privat freut sie sich auf mehr Zeit für ihre kreative Arbeit mit Holz. „Damit kann ich dann meine Familie beglücken“, meint sie. „Es ist einfach etwas ganz Anderes als das, was ich bisher gemacht habe.“
Am Tag vor ihrer Verabschiedung, die am Samstag, 20. April um 16 Uhr in der Ev. Kirche Winz-Baak stattfindet, gönnt sie sich noch einmal drei Kindergartenandachten – eine in Winz-Baak und zwei in Welper-Blankenstein. „Weil das so schön ist, mache ich das dann noch ein letztes Mal!“
(Hans-Martin Julius)