Die ehemalige Superintendentin des kleinsten Kirchenkreises der Evangelischen Kirche von Westfalen hat ihre Arbeit als PDÜ (Pastoraler Dienst im Übergang) in Hattingen aufgenommen. Pfarrerin Simone Conrad will „in den ersten Monaten zuhören und hinsehen, Strukturen kennenlernen und verstehen, wen welche Themen beschäftigen.“
Wo kommt Frau Conrad her, wo will sie hin? Begonnen hat sie ihren Weg mit einer echten Tour de Ruhr. In Gelsenkirchen aufgewachsen, in Bochum studiert, das Vikariat wieder in Gelsenkirchen gemacht, Probedienst in der Herner Luther-Kirchengemeinde, die inzwischen „zu Petrus gehört“. Dort blieb sie als Pfarrerin bis 2003, bevor es sie ins südwestfälische Wittgensteiner Land verschlug - der Liebe wegen. Ein Pfarrer aus Wittgenstein war‘s, und so nahm sie in der 650 Mitglieder starken Kirchengemeinde Wemlighausen eine halbe Pfarrstelle an, bevor sie nach 2 ½ Jahren in die Gemeinde Birkelbach weiterzog.
Auch hier wieder eine halbe Stelle, und Simone Conrad wollte mehr. So ging sie zusätzlich zuerst an ein Gymnasium, dann an eine Hauptschule in Erndtebrück. „Das waren harte und gute Jahre, in denen ich viel gelernt habe“, sagt sie jetzt über diese Zeit. „Es war überhaupt nicht einfach. Aber ich habe dort Arbeitsfelder erkundet, an die ich sonst nicht gekommen wäre.“ Zum Beispiel analysierte sie im Religionsunterricht mit Schülerinnen und Schülern unter anderem die Texte rechtsradikaler Musik, um deren Gefahren aufzuzeigen. Sie fühlte sich beschenkt durch diese Arbeit, die aber zuende ging, als die Schule mangels Schüler*innen schließlich geschlossen werden musste.
Sie begleitete Kolleg*innen und Jugendliche durch diese Zeit des Wandels, und stand schließlich vor der nächsten Etappe: Superintendent Stefan Berk fragte sie, ob sie die halbe Stelle an der Schule durch eine halbe Stelle als Diakoniepfarrerin ersetzen wolle. Also gestaltete Simone Conrad fortan das theologische Profil des Diakonischen Werks mit, schob mehr Vernetzung zwischen Kirchengemeinden und Diakonie an, in dem sie Diakonie-Gottesdienste in die Gemeinden holte, feierte Erinnerungsgottesdienste mit dem Hospizdienst und führte Trauerspaziergänge ein.
2020 war es dann der Superintendent des kleinen Kirchenkreises, der weiterzog, und Pfarrerin Conrad wurde gebeten, als Nachfolgerin zu kandidieren. Als sie mit großer Einhelligkeit ins neue Amt eingesetzt wurde, kommentierte die Präses diesen Schritt bei der Einführung so: „Sie sind ja eigentlich angetreten, um sich überflüssig zu machen“ - die Fusion mit dem Nachbar-Kirchenkreis stand bereits in den Startlöchern. „Begeistert ist da erstmal niemand“, umschreibt Conrad die Situation, der sie sich zu stellen hatte. Sie wollte alle mitnehmen, das richtige Tempo finden, Transparenz schaffen, und das alles mit großer Klarheit. „Das erfordert schon die Fürsorge für die Mitarbeitenden.“
Ihre Motivation zog die 60-Jährige in dieser Zeit aus der Einsicht, dass die Vereinigung der beiden Kirchenkreise nicht grundlos erfolgte. Sie war angesichts der Größe Wittgensteins alternativlos. „Ich konnte sehen, wie sich Mitarbeitende in den Strukturen verschleißen.“ Also richtete sie zusammen mit der Steuerungsgruppe AGs zu den Kernthemen der Fusion ein. „Die Menschen aus beiden Kirchenkreisen kamen zusammen, kamen ins Gespräch, lernten sich kennen. Sie konnten sehen, was die Herzensangelegenheiten der jeweils anderen Seite war. Es entstand viel Dialog, und eines der Ziele war, alle Betroffenen mit der Vereinigung auch zu entlasten.“
Trotzdem sie über Mangel an Arbeit nicht zu klagen hatte, machte Simone Conrad in den letzten vier Jahren die Ausbildung zur systemischen Gemeindeberaterin und Organisationsentwicklerin, bei der sie auch Pfarrerin Antje Wischmeyer kennenlernte, die seit Oktober als PDÜ in Witten tätig ist. „Die Lösungen hab nicht ich. Die Lösungen hat das System, und ich helfe dem System, die Lösungen zu finden“, hat sie aus der Ausbildung als einen der Grundsätze ihrer neuen Arbeit mitgenommen.
Nun freut sie sich auf die Aufgabe in der Hattinger Johannes-Kirchengemeinde, denn sie ist „beeindruckt vom jungen und beweglichen Presbyterium dort“. Dabei will sie den offenen Blick von außen nutzen und sich in die in Kürze anstehende Klausurtagung des Presbyteriums einbringen.
Ihre Arbeit in Wittgenstein hat sie mit der Fusion zum Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein beendet und zum Schluss noch einmal viel Wertschätzung erfahren. „Aber die Emotionen des Abschiednehmens müssen auch ausgehalten werden. Und deshalb ist es gut, dass es da jetzt einen Schnitt gibt.“ Willkommen zurück im Ruhrgebiet, Frau Conrad!
Möge die Straße Dir entgegeneilen.
Möge der Wind immer in Deinem Rücken sein.
Möge die Sonne warm auf Dein Gesicht scheinen
und der Regen sanft auf Deine Felder fallen.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott Dich im Frieden seiner Hand.
Irischer Segenswunsch