„Wir müssen schon bei den kleinsten Ausfällen durch Krankheit Eltern, die ihre Kinder morgens zu uns bringen, wieder mit Kind nach Hause schicken,“ sagt Gudrun Siepmann vom Ev. Kindergarten Bredenscheid. „Der durch die Politik im Kinderbetreuungsgesetz KiBiz vorgegebene Personalschlüssel ist ein schlechter Witz.“ Diesen und andere Missstände wollten sich Siepmann, ihre Leitungskollegin Cornelia Zwilling und viele andere in den evangelischen Kindergärten des Kirchenkreises Hattingen-Witten nicht länger gefallen lassen. So fahren einige von ihnen am morgigen Donnerstag (9.2.) nach Düsseldorf, um dort vor dem Landtag zu demonstrieren. An diesem Tag steht die ganze Situation in den Kindergärten in NRW bei einer Anhörung auf dem Prüfstand.
Kindergartenleiterinnen Cornelia Zwilling und Gudrun Siepmann mit der kaufmännischen Geschäftsführerin des Kindergartenverbundes Angelika Arend
„Da wird von Parteien gefordert, dass mehr Kitas gebaut werden sollen“, erläutert Cornelia Zwilling. „Aber wenn wir jetzt schon so eine große Personalnot in den bestehenden Einrichtungen haben, wo sollen dann die Kolleginnen und Kollegen für neue Kitas herkommen?“
Um auf die Realität in den Kindertageseinrichtungen aufmerksam zu machen, haben sich der Ev. Kindergartenverbund Hattingen-Witten und seine Mitarbeitenden jetzt mit einem offenen Brief an Landesministerin Josefine Paul (Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration) und die Landtagsabgeordneten gewandt. „Noch nie fühlten wir uns so zerrissen, hilflos und verzweifelt angesichts der aussichtslosen Situation“, erklären sie dort. Sie sehen sich in einer Situation, in der sie nicht mehr angemessen auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können, schon gar nicht, wenn die Kleinen individuell von den Fachkräften gefördert werden sollen.
„Der Bildungsauftrag ist schon lange eine Lüge. Wir haben einen anspruchsvollen Ausbildungsweg und werden nun zu Mitarbeiter*innen in Kinderverwahranstalten degradiert“, bringt der offene Brief die Situation auf den Punkt. Auch eine Petition wurde verfasst. Online kann man noch bis Anfang Mai für die Belange unserer Kindergärten stimmen: openpetition.de/!phlyn
Bei alledem können die Mitarbeiter*innen auf die volle Unterstützung der Leitung des Kindergartenverbunds zählen. Der Verbund hat allein zwanzig neue Ausbildungsstellen ab August 2023 ausgeschrieben. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht neue Stellenanzeigen auf der Homepage kirche-hawi.de erscheinen, mit denen der Kirchenkreis um neue Fachkräfte im KiTa-Bereich wirbt. Doch die Konkurrenz mit anderen Trägern ist groß, und immer wieder verlassen auch Mitarbeitende den Bereich der Kindergärten, da sie die Gesamtsituation vom Betreuungsschlüssel bis zum Gefühl des von Politik und Gesellschaft alleingelassen seins nicht mehr ertragen.
Auch die Eltern, die durch die Mangelsituation häufig in Konflikt mit Arbeitgebern oder Kunden geraten, sind auf der Seite der Kitas und ihrer Beschäftigten und beteiligen sich an den Protesten mit einem Elternbrief an die Ministerin. Es wird abzuwarten bleiben, mit welchem Erfolg. Die Zeit für Sonntagsreden ist jedoch endgültig vorbei.
(hmj)
Möge die Straße Dir entgegeneilen.
Möge der Wind immer in Deinem Rücken sein.
Möge die Sonne warm auf Dein Gesicht scheinen
und der Regen sanft auf Deine Felder fallen.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott Dich im Frieden seiner Hand.
Irischer Segenswunsch