Vergiss mein nicht - Ein Gottesdienst für Menschen mit und ohne Demenz

29.08.2023 – "Weil mich mein Gott das Lachen lehrt"

Am Sonntag, 3. September um 11 Uhr findet in der Johanniskirche in Witten ein Gottesdienst für Menschen mit und ohne Demenz statt. Wir sprachen mit Pfarrer Christian Holtz darüber.

Zum Gottesdienst, u.a. mit Clown Aki von den Bunten Socken, sind Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen herzlich eingeladen.

?.:          Hallo Herr Holtz, Sie machen wieder einen Demenz-Gottesdienst?

Pfr. Holtz: Das trifft es nicht ganz. Wir feiern einen Gottesdienst für Menschen mit und ohne Demenz, und natürlich mit ihren Angehörigen, Freunden und allen Interessierten. „Vergiss-mein-nicht-Gottesdienst“ heißt das Konzept dieses Gottesdienstes, das in Lüneburg entwickelt worden ist. Der Name ist zum einen eine Anspielung auf den Gedächtnisverlust der Betroffenen. Zum anderen wollen wir aber auch diese leider gar nicht so kleine Bevölkerungsgruppe und ihre Familien nicht vergessen. Sie sollen nicht übersehen werden. Sie sind Teil unserer Gesellschaft und unserer Gemeinden.  

?.:          Und wie sieht so ein Gottesdienst dann aus?

Pfr. Holtz: Gar nicht so anders. Erfahrungsgemäß wecken die Kirche und der Ablauf der Gottesdienste bei Menschen mit Demenz viele Erinnerungen an lang zurückliegende Tage, wenn sie mit Glauben und Kirche groß geworden sind. Das löst Emotionen aus, die meistens positiv sind, berührt sie an der Seele. Sie erleben ein Stück Heimat. Die Demenz als Krankheit ist gar nicht das Thema im Gottesdienst. Wir feiern einfach einen Gottesdienst mit Menschen, die diese Krankheit haben.

?.:           Aber sie rechnen schon damit, dass die Kranken einer Predigt nicht folgen können, oder?

Pfr. Holtz: Eine klassische Predigt würde die meisten Besucherinnen und Besucher wohl überfordern. Deshalb gibt es stattdessen mehrere kurze Statements zum Thema des Gottesdienstes, der übrigens den Titel „Weil mich mein Gott das Lachen lehrt“ hat.
Dazwischen gibt es jeweils eine kurze, bekannte Liedstrophe, in die alle einstimmen können, sei es singend oder summend. Und diesmal haben wir den in Witten sehr bekannten Clown Aki von den Bunten Socken dabei. Der kennt sich damit aus, Menschen zum Lachen zu bringen. Der Rest des Gottesdienstes läuft tatsächlich fast so ab wie immer: Das heißt in diesem Fall: bekannte Lieder, vertraute Texte und natürlich werden auch das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser gesprochen.

?.:          Okay. Und wer darf rein in die Kirche?

Pfr. Holtz: Jede und jeder! Das ist ein offenes Angebot. Natürlich richtet es sich in erster Linie an Menschen mit Demenz, aber auch an deren pflegende Freunde und Angehörige. Demenzkranke erleben oft Glücksgefühle, wenn sie sich an lang zurückliegende Dinge aus ihrem Leben erinnern können, was wachgerufen wird. Bei der Generation, die jetzt hauptsächlich davon betroffen ist, sind das häufig auch regelmäßige Kirchbesuche in Kindheit und Jugend, bei vielen auch darüber hinaus. Deshalb haben wir für den Gottesdienst mit der Johanniskirche auch bewusst eine unserer älteren Kirchen gewählt. Manchmal und das möchte ich nicht verschweigen, sind die Gefühle auch nicht so angenehm, aber das müssen wir dann alle gemeinsam aushalten. Für mich ist es wichtig, dass wir einen Raum eröffnen, wo Demenz­erkrankte auf der Gefühlsebene sinnlich angesprochen werden, sei es mit einem Lied, einem Text oder auch nur dem Glockengeläut. Gefühle bleiben, auch wenn der Verstand geht.

?.: Und warum machen Sie das für Menschen, die das vielleicht nach kurzer Zeit wieder vergessen haben?

Pfr. Holtz: Wir möchten uns zu einer demenzfreundlichen Kirche und Gemeinde weiterentwickeln. Da sind wir auf dem Weg. Wir haben für jede und jeden einen Platz in unserer Kirche. Und es mag schon sein, dass sich die an Demenz erkrankten Besucherinnen und Besucher nicht lange an den Gottesdienst erinnern.  Aber der Augenblick zählt! Sie haben eine Stunde in einer vertrauten Umgebung verbracht und vielleicht an die Zeit anknüpfen können, in der sie noch nicht erkrankt waren. Wenn das dabei herauskommt, hat es sich aus unserer Sicht schon gelohnt. Und für die Angehörigen ist es eine willkommene Abwechslung in der oft herausfordernden Pflege und Begleitung.  Wer will, kann nach dem Gottesdienst auch noch zum Mittagessen ins Gemeindehaus gleich nebenan kommen. Wer zuhause pflegt, freut sich vielleicht auch über erlebte Gemeinschaft und spart sich dann immerhin einmal das Kochen.

?.:           Wann findet der Vergiss-mein-nicht-Gottesdienst statt?

Pfr. Holtz: Am Sonntag, 3. September um 11 Uhr in der Johanniskirche in Witten, Bonhoefferstr. 10. Ab 13 Uhr findet übrigens direkt gegenüber auf dem Rathausplatz die Seniorenmesse der Stadt Witten statt.

Möge die Straße Dir entgegeneilen.
Möge der Wind immer in Deinem Rücken sein.
Möge die Sonne warm auf Dein Gesicht scheinen
und der Regen sanft auf Deine Felder fallen.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott Dich im Frieden seiner Hand.
Irischer Segenswunsch

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