„Ich wünsche mir mehr unternehmerisches Denken“

21.02.2020 – Change-Manager Klaus-Martin Strunk will Gemeinden bei Veränderungen helfen

Als „angeordnetes Gedränge“ bezeichnen Sportler eine Standardsituation beim Rugby, bei der sich die gegnerischen Spieler gegenüberstehen und einander nach dem Pfiff des Schiedsrichters schieben, was das Zeug hält. Für deutsche Fußballfans ist dieser körperbetonte „Scrum“ nicht nur auf den ersten Blick verwirrend – sein Ziel ist der Raumgewinn nach einem Neustart. Nun hat diese Zeitung, die Sie in Händen halten, keinen Sportteil – und darum fragen Sie sich vielleicht, was das mit dem neuen Chance-Manager Klaus-Martin Strunk zu tun hat. Der 61jährige BWLer wird die Kirchengemeinden in Hattingen-Witten in den kommenden drei Jahren begleiten und mit manchmal ungewöhnlichen Methoden motivieren, sich zu bewegen und neue Räume zu besetzen. Dabei kann der in Bielefeld geborene dreifache Vater auf reichlich Erfahrungen zurückgreifen: Als Personalreferent, Marketing-Koordinator und Vertriebsleiter arbeitete er in verschiedenen Branchen; kirchliches Denken sind ihm durch CVJM- und Presbyterarbeit, aber auch durch die Leitung von Fortbildungen für Pfarrer*innen vertraut. Im Interview verrät er mehr über seine Arbeitsweise – und warum Scrum auch für Kirchen passen kann...

Mit der geballten Kraft aller bewegt sich gleich die Mannschaft in eine neue Richtung – beim Rugby heißt dieser Moment „Scrum“. Foto: Wikipedia.

Change-Management, das klingt nicht direkt nach kirchlichem Vokabular. Was macht ein Change-Manager und wobei kann er den Gemeinden helfen?

Stimmt schon: Change-Management ist als Begriff eher im wirtschaftlichen Umfeld geprägt worden. Nun macht die zunehmende „Ökonomisierung unserer Gesellschaft“ auch bei der Kirche nicht halt.  Nach dem Abi wollte ich entweder Pfarrer oder Manager werden. Schließlich habe ich BWL studiert und meine Leidenschaft ist es, Wirtschaftswissen für das Reich Gottes – also für Kirche und Diakonie – nützlich zu übersetzen und einzubringen. Mein Auftrag im Kirchenkreis ist es nun, in den Gemeinden und Kooperationsräumen die notwendigen Veränderungen zu initiieren und die Menschen bei der Umsetzung zu begleiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jede Veränderung Widerstand hervorruft – selbst eine Veränderung zum Besseren! Ich will dabei helfen, dass dem Besseren im Leben der Kirche genügend Raum eingeräumt wird.

 

Sie sprechen von „notwendigen Veränderungen“ – warum muss Kirche sich verändern?

Da gibt es mehrere Gründe. Wenn ich als gelernter Einzelhändler auf den Mitgliederschwund der Kirchen schaue und den mit dem Kundenschwund in der klassischen Handelslandschaft vergleiche, macht mir das schon einiges Kopfzerbrechen. Wenn ich bei diesem Vergleich bleibe und die Entwicklung der elektronischen Medien ansehe, ergibt sich gleich eine zweite Denksportaufgabe. Mein eigentlicher Denkansatz geht jedoch in die Richtung, dass sich die großen Kirchen in Deutschland historisch begründet weitgehend als „Quasi-Hoheitliches-Organ“ – also wie eine Behörde – organisieren. Ich wünsche mir mehr unternehmerisches Denken. Nun ist Kirche in Reinkultur weder staatliche Behörde noch Unternehmen. Dennoch ist sie m.E. vor dem Hintergrund einer sich dramatisch schnell verändernden Gesellschaft aufgefordert, auf agile Art und Weise nach neuen Wegen zu suchen, wie sie den Menschen die Liebe Gottes nahebringen kann.

 

Klaus-Martin Strunk begleitet die Kirchengemeinden als Change-Manager. Foto: Privat.

Ein Unternehmen probiert vielleicht ein neues Produkt aus oder sucht sich neue Absatzmärkte – welche Möglichkeiten haben denn Kirchengemeinden, gegen den „Kundenschwund“ anzugehen? Wo finden Christen diese neuen Wege?

Ich bin ja ein Anhänger des „Missio-Die“-Ansatzes: d.h. dass sich zunächst GOTT auf der Suche nach seinen Menschen macht. Und wir Menschen können nur aus der Stille und dem Gebet heraus Schritte wagen und auf Menschen zugehen. Aber wie man gerade im Kirchenkreis Hattingen-Witten gut studieren kann, gibt es ja schon viele Ansätze, bei denen es gelingt – bzw. besser wo GOTT es gelingen lässt – dass Menschen erreicht werden. Vor diesem Hintergrund möchte ich an die Jahreslosung aus Markus 9,14 erinnern: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ So dürfen wir GOTT seine Mission der Liebe glauben und es zusammen mit ihm so richtig krachen lassen – so richtig groß einsteigen. Das meint für mich „Gemeinwesenorientierung“. Wir dürfen und sollen über den Tellerrand unserer kleinen Gemeinden in die Stadt schauen. Denn wer über seinen eigenen Tellerrand schaut – sieht einen voll gedeckten Tisch!

 

Das klingt auf jeden Fall sehr hoffnungsvoll. Wie gehen Sie nun konkret vor? Wie arbeiten Sie in den nächsten Wochen / Monaten mit den Gemeinden?

 

Zunächst habe ich mit der Superintendentin vereinbart, dass ich mit allen Pfarrerinnen und Pfarrern wie den anderen Verantwortungsträgern im Kirchenkreis Gespräche führe, um mich bei den Mitarbeitenden bekannt und mit der Materie vertraut zu machen.

Aber ich bin in einigen Prozessen in verschiedenen Kooperationsräumen auch schon ins „kalte Wasser“ geworfen worden und habe einige Workshops moderiert. Gerne würde ich in Zukunft „spirituelle SCRUM-Teams“ gründen.

 

Oha. Was ist denn ein Scrum-Team?

SCRUM heißt das „Gedränge“ am Anfange eines Rugby-Spiels. Voller Erwartung und Konzentration beschreibt SCRUM eine agile Methode des Projekt-Managements. Man arbeitet in Zyklen, die Sprints genannt werden und die Projekt-Teams werden von einer(m) Spiritual*in und einem(r) Projekt-Sprecher*in geführt. Das Team nimmt sich für den ersten Sprint nur eine kleine Aufgabe vor und arbeitet sich von Sprint zu Sprint immer besser in das Projekt ein. Aber es gilt für jeden Sprint eine feste Regel: „… fertig ist fertig!“

Möge die Straße Dir entgegeneilen.
Möge der Wind immer in Deinem Rücken sein.
Möge die Sonne warm auf Dein Gesicht scheinen
und der Regen sanft auf Deine Felder fallen.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott Dich im Frieden seiner Hand.
Irischer Segenswunsch

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